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Freitag, 26. Dezember 2014

Phnom Penh: Psychische und Physische Achterbahnfahrt (Tag 17-21)

So hier bin ich wieder, ich bin nicht gestorben (nur fast) keine Sorge. Dass ich mich so lange nicht mehr gemeldet hab hat zwei Gründe. Zum einen das unglaublich schlechte WLAN im Hostel in Phnom Penh und zum anderen Punkt werde ich noch kommen.

Die Busfahrt am Montag nach Phnom Penh war auf jeden Fall sehr abenteuerlich. Ungefähr auf der Hälfte der Strecke ist unser Bus liegen geblieben und damit auch die Klimaanlage ausgefallen. Nach zwei Stündiger Brateinheit war der Bus dann wieder repariert (von dem Busfahrer selbst) und es konnte weiter gehen. Ihr müsst jetzt aber nicht denken, dass das eine Seltenheit ist, das ist wohl eher die Regel. Und Kambodschaner sind wahre Handwerkertalente! Irgendwie bekommen sie alles repariert und sei es auch nur für die nächsten paar Minuten oder Kilometer.

Naja mit ein bisschen Verspätung kamen wir dann endlich in Phnom Penhn, der Hauptstadt Kambodschas an. Und wie immer hab ich mir erstmal eine Bleibe für die erste Nacht gesucht. Gefunden habe ich das "Lovely Jubbly Place" Hostel ziemlich im Zentrum und nah an der Riverfront Phnom Penh´s. Super sauberes Teil mit warmen Duschen (nach Siem Reap echt göttlich), Klimatisierten 6er Zimmern und super freundlichem Personal und das alles für 6 Dollar die Nacht. 

Im Zimmer hab ich mit zwei Holländern (in Phnom Penh wimmelt es von denen!) und einer Amerikanerin Bekanntschaft gemacht, mit denen es dann Abends noch was kleines Essen ging. 

Mit den zwei Holländern war ich für den nächsten Tag zum Genocide Museum und Killing Field anschauen verabredet. Mit dem Tuk Tuk ging es dann morgens auch los. ;)
Sieht vielleicht ganz nett aus aber hat zum Teil echt unglaublich gestunken vor allem wenn man mal wieder an einer der provisorischen Müllverbrennungsanlagen vorbei gefahren ist von denen ich euch schon erzählt habe. Deshalb kann ich es den Leuten hier auch nicht übel nehmen, dass sie alle mit Mundschutz durch die Gegend laufen bzw. fahren. Ein Tag in Phnom Penh ist bestimmt so schädlich wie ne Schachtel Zigaretten am Tag...




Heute sollte auf jeden Fall ein "Heavy-Tag" werden und zwar für die Seele. Denn wir wollten den schrecklichen Tagen der Kambodschanischen Geschichte nicht den Rücken zu kehren. Wie immer erkläre ich euch ganz kurz die Grundsätze, empfehle euch aber falls es euch interessiert auch nochmal selbst nach zu schauen. Ich war ein bissche erschreckt, dass ich selbst so wenig darüber wusste im Verhältnis dazu wie schlimm diese Ereignisse waren.

Kurze Warnung: die nachfolgenden Bilder könnten nix für jeder man sein, also überlegt euch gut ob ihr folgendes wirklich anschauen wollt!

Die Roten Khmer waren eine maoistisch-nationalistische Guerillabewegung, die 1975 an die Macht kam. Pol Pot der Führer der Roten Khmer begann mit der Errichtung eines Terrorregimes und wurde am 4. April 1976 zum Regierungschef ernannt.
Die Roten Khmer wollten die Gesellschaft mit Gewalt in einen Agrarkommunismus überführen. Dies hatte zur Folge, dass alle Leute aus den Städten aufs Land getrieben wurden. Pol Pot verlangte zudem die Reisproduktion zu verdreifachen, was schlicht weg unmöglich war. 
Ähnlich wie die Nazis verfolgten die Roten Khmer Gegner des Regimes oder jene die das System kritisierten oder sich diesem widersetzten. 
So wurden in den Jahren von 1975 bis 1978 schätzungsweise etwa 2 bis 3 Millionen Kambodschaner ermordet. In anderen Worten wurde fast ein drittel der gesamten Kambodschanischen Bevölkerung ausgelöscht. 
1978 wurden die Roten Khmer durch Vietnamesische Invasionstruppen vertrieben und es eröffnete sich ein schrecklicher Anblick. Überall gab es konzentrationslagerähnelnde Gefängnisse und Massengräber. 

In einem dieser Gefängnisse (Tuol-Sleng, S21, ursprünglich mal ein Schulgebäude) und bei dem größten und bekanntesten Massengrab (Choeung Ek) waren wir. 

Ich glaube ich brauche nicht viel sagen, der Anblick war einfach grauenhaft und zum Teil wirklich ekelerregend. So konnte man in dem Gefängnis noch sämtliche Folterwerkzeuge sehen, die gebraucht wurden um von unschuldigen Menschen Geständnisse zu bekommen für Dinge, die sie gar nicht gemacht haben. Nach einem solchen Geständnis ging es mit dem Laster weiter aufs "Killing-Field" zur Hinrichtung. 
Dabei wurden wieder ähnlich wie bei den Nazis genaue Listen geführt mit Bildern und Personenbeschreibungen. 

Unter den Grabsteinen auf dem Bild liegen die letzten 14 getötete Menschen. Als die Vietnamesen zum Gefängnis vorgedrungen sind konnten gerade mal noch vier Überlebende gerettet werden... 








Nach dem Gefängnis ging es zur nächsten Station, dem Killing-Field Choeung Ek wo schätzungsweise 17 000 Menschen umgebracht wurden.
Ein Audio-Guide der seines gleichen sucht führt einen durch dieses Gebiet. Wirklich unglaublich gut gemacht mit Interviews von Überlebenden eingebaut. Dauer Gänsehaut ist da vorprogrammiert und leicht zu ertragen ist es auch nicht. 
Spätestens als ich dann über Knochen- und Kleidungsreste stolperte die immer wieder an die Oberfläche getragen werden ging es mir durch Mark und Bein. In dem zentral gelegenen Memorial Tower sind Totenschädel der Opfer meterweise aufeinander gestapelt und man sieht simple Feld Werkzeuge, die benutzt wurden um den Opfern die Schädel einzuschlagen, weil Patronen zu wertvoll waren. Für Babys und Kinder wurde eine noch perversere Methode entwickelt, diese wurden einfach mit dem Kopf gegen einen Baum geschlagen und danach in ein Massengrab geworfen. Falls jemand noch nicht ganz tot war wurde über die Gruben noch tödliche Chemie verteilt, die gleichzeitig den Verwesungsgeruch lindern sollte. Ich finde es unvorstellbar wie Menschen dazu gebracht werden konnten so etwas zu machen...







Glaubt mir ich könnte euch noch so viel mehr erzählen und ich bin wirklich froh, dass ich das alles gesehen habe aber irgendwann ist auch genug und ich will euch ja nicht den ganzen Tag vertrüben.
Auf alle Fälle ist es ein schlimmes Kapitel in der Kambodschanischen Geschichte über das jeder bescheid wissen sollte genau so wie über die Gräueltaten der Nazis, ganz einfach um zu verhindern, das so etwas in Zukunft wieder passiert. 

Nach diesem Hammer ging es noch zum Central Market um wieder auf andere Gedanken zu kommen und das hat dieser Markt definitiv geschafft! Dort gab es alles aber vor allem viel frisches Essen! :)






Ok vielleicht doch nicht so ganz frisch oder zumindest nicht sehr hygenisch, denn nach einem eigentlich wirklich leckeren Nudel Teller mit Beef fing mein Magen mächtig an zu krummeln. 
Gegen 7 Uhr Abends kam es mir dann zum ersten mal hoch, doch das war nur der Anfang einer wahren Horrornacht. Ungefähr stündlich musste ich erbrechen, bis nur noch Galle übrig war und das letzte mal so gegen 7 Uhr Morgens, also ganze 12 Stunden lang. Danach war ich so schwach, dass es mir beim Treppe hochlaufen schwarz vor den Augen wurde... 
Mein Heiligabend schien also schon fast gelaufen zu sein.
Nach dem ich den ganzen Tag geschlafen hatte ging es mir schon deutlich besser auch wenn ich immer noch sehr schwach war, da ich schon über 24 Stunden nix mehr essen konnte. 
Am Abend konnte mich dann Dylan, ein super sympatischer Amerikaner aus Colorado doch noch zu einem kleinen "Christmas Dinner" überreden. Allerdings ist es gar nicht so leicht in Cambodia eine leicht verträgliche Speise zu finden. Für mich gab es dann letztendlich ein Chicken Burger (ich verspreche euch was besseres gab es nicht), der aber wirklich lecker war und mir auch einigermaßen gut bekommen ist.

Kurzer Fun-Fact: es muss für Kambodschaner wirklich gewöhnungsbedürftig sein westliche Toiletten (und nicht die Steh-Französisch-Style-Dinger) zu benutzen, anders kann ich mir dieses sehr unterhaltsame Toilettenschild nicht erklären. ;)


 Nach dem sehr leckeren essen ging es zurück ins Hostel, wo Dylan und ich noch Daniel aus Schweden kennen gelernt haben. Zusammen haben wir für den nächsten Tag einen Trip zum Tamao Moutain geplant. Dort gibt es ein Animal Rescue Center, das verletzte Tiere aufnimmt und sie wieder in ihre wahre Natur aussetzt sobald es diesen besser geht. Insgesamt sind dort über 1200 Tiere zuhausen, die man alle besichtigen kann und die meiner Meinung nach in wirklich fairer Weise gehalten werden. Zudem fließt sämtliches Geld das man z.B. für einen Tour-Guide bezahlt in diese Organisation um z.B. Operationen an den Tieren zu bezahlen. Das fanden wir eine schöne Sache für den Weihnachtstag.

Am nächsten Tag ging es also schon früh los, da man mit dem Taxi ca. 1,5 Stunden dort hin braucht. Spontan hat uns noch Claire aus Holland (ich sag doch hier sind alle aus Holland) begleitet, die Dylan schon im Bus nach Phnom Penh kennen gelernt hat.

Unser Taxi Fahrer Ricky war übrigens der Wahnsinn. Sein Motto war: "Why Not!" Sprich können wir irgendwo für Kaffe anhalten? Ricky: "Why Not!", können wir irgendwo Frühstücken? "Why Not!", ich brauch noch Geld. Ricky kennt natürlich ne Bank wo man ohne Gebühren abheben kann... Super Typ und wir sind um 100+ Tips reicher.

Im "Zoo" angekommen ging es dann alle möglichen exotischen Tiere und Vögel anschauen. Viele der Tiere habe ich zum ersten Mal in meinem Leben gesehen und begleitet wurde man immer von einem Rudel Affen, die auf ein Stückchen Banane hoffen.
Besonders ans Herz gewachsen ist uns Albert (selbst ernannt), ein Albino Reh, das uns auf Schritt und Tritt gefolgt ist bis es nicht mehr ging. Zugegebenermaßen ein hässliches Geschöpf aber irgendwie trotzdem goldig. Achja Blind war er auch noch, aber das hätte ich nicht gemerkt wenn es mir niemand gesagt hätte. Aber seht selbst. ;)














Abends sind wir dann alle zusammen plus drei weiteren Holländern (glaubt ihr mir jetzt?), die Claire kennen gelernt hat, lecker Essen gegangen zur feier des Tages. In Amerika gibt es ja nicht wirklich Heiligabend so wie bei uns sonder da ist der Tag danach der wichtige.



Später ging es noch zu dem Party Hostel "Mad Monkey", bei dem wir für 5$ einer Bar-Tour (Bar-Crawl) beigetreten sind. Nach 3 Bars und 2 Clubs ging dann langsam schon die Sonne auf, was für uns hieß zurück ins Hostel.

Auf jeden Fall ein toller Tag und eine fantastische Nacht und ich hab mich endgültig von meiner kleinen Vergiftung erholt und komm deshalb auch wieder zum Blog schreiben. :)

Nach dem ich heute Mittag aufgestanden bin hab ich mir erstmal ein ordentliches Omelett mit Bacon, Tomaten und Käse gegönnt, das tat wirklich gut. Der Rest vom Tag war ziemlich relaxt. Bisschen Blog schreiben, Pool spielen und im Internet surfen.

Morgen geht es wahrscheinlich schon wieder weiter nach Sihanoukville, ganz im Süden Cambodias am Strand. Wo ich vermutlich Silvester verbringen werde.
Von da werde ich mich dann auch wieder melden.

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